Danke!
Weißt du noch, wie's früher war?
Kinderzeit, wunderbar -
Die Welt ist bunt und schön.
Bis du irgendwann begreifst,
Dass nicht jeder Abschied heißt:
Es gibt auch ein Wiederseh'n ...
(Kein Zurück, Wolfsheim)
Ich habe Blumen mitgebracht. Sie sind für dich. Die Verkäuferin sagte, ich könne damit nichts falsch machen. Mir gefallen sie, und vielleicht magst du sie ja auch ein wenig.
Ich finde, sie duften nach Sommer, nach Sonne und Lachen - irgendwie, mit ein wenig Phantasie. Was meinst du? Es ist Sommer. Könnten wir nicht zusammen ein wenig lachen, und sei es nur für eine Minute? Wir haben es viel zu selten getan.
Entschuldige diese Banalitäten, durch die ich versuche, etwas zu sagen, was ich dir in all den Jahren zuvor verschwiegen habe. Ich brachte diese drei Worte einfach nicht über die Lippen, gebrauchte stattdessen euphemistisch mein fortwährendes 'Danke!'.
Gerne würde ich dich einmal auf einen Kaffee einladen, so wie du es immer getan hast. Es hat sich nicht viel geändert seitdem. Ich trinke ihn immer noch schwarz. Ohne erhellende Dreingabe, ohne süßenden Beigeschmack. Schwarz wie die Seele, wie ich zu sagen pflegte. Du wusstest, wessen Seele ich meinte. Es ging ja doch immer nur um mich. Immerhin habe ich nicht vergessen, dass du deinen Kaffee so wie ich gemocht hast. Schwarz. Nicht so stark, wie ich ihn gerne trank, und ohne jeglichen Symbolgehalt. Du warst nicht durchdrungen von einem zwanghaften Defätismus. Für dich war es einfach nur Kaffee ohne Milch und Zucker.
Ich stehe vor dir und möchte weinen, aber ich kann es nicht. Es liegt nicht an den Menschen um uns herum; die sind auch nichts weiter als die längst vergessenen Gespenster ihrer eigenen Gegenwart. Sollen sie meinetwegen hersehen, sie sind mir egal. Ich kann nicht weinen, weil ich zu traurig dazu bin.
Du redest nicht mehr mit mir, und dein Schweigen ist so konsequent, dass es mich in Momenten wie diesem zu ersticken droht. Mir ist, als hieltest du mir einen Spiegel entgegen; ich erkenne mich selbst in dir.
Ich habe dir nur selten zugehört, so viele Gelegenheiten versäumt, so viele Anlässe zerschwiegen. Meine Sorgen und Ängste hatte ich zu einer Mauer aufgeschichtet, hinter der ich es mir samt meinen Hoffnungen und Freuden gemütlich zu machen versuchte. Dieses Bollwerk konntest du nicht überspringen, und wenn ich mich hin und wieder aufraffte, um hinüberzuspähen, dann warst du nur ein Schemen, ein diffuser Schatten in meiner leidverseuchten Wahrnehmung.
Ich habe dein Lachen nur selten erwidert, deine Zweifel abgetan, deine Sorgen negiert. Dennoch warst du immer da, mit einer Selbstverständlichkeit, die mir jedes Gefühl für Wertschätzung raubte. Ich war so eifrig mit dem Nehmen beschäftigt, dass ich das Geben darüber gänzlich vergaß. An manchen Tagen warst du für mich eher Funktion denn Mensch, wie ein Ding ohne Gefühle. Ich mag nicht darüber nachdenken, wie sehr dich das verletzt haben muss.
Wie oft habe ich dich in die Arme genommen? Nicht halb so oft, wie ich Gott begegnet bin, und ich bin Atheist. Es gibt Tage, an denen ich das Versäumte nachholen möchte, aber war es zuvor die Gleichgültigkeit, ist es jetzt meine Angst, die mich davon abhält. Ich vermag die Distanz nicht zu überwinden. So sehr ich mich auch nach einer aufrichtigen Umarmung sehne, ich werde sie wohl jenseits von dir suchen müssen.
Ich glaube, ich werde jetzt gehen. Es wird dunkel, und mir ist kalt. Vielleicht können wir ja das nächste Mal reden, wenn du magst. Ich werde dir zuhören, ohne dich zu unterbrechen oder mit den Gedanken abzuschweifen. Ich werde Zeit haben. Du wirst wichtig sein, nicht ich.
Die Blumen, die stelle ich in die größere Vase, okay? Links vor dem Strauch scheinen sie mir am besten zur Geltung zu kommen, ohne dass sie deinen Namen verdecken. Ich hoffe, es gefällt dir. So ähnlich waren auch die Blumen in deinem Garten gepflanzt, oder? Ich weiß es leider nicht - ich weiß es einfach nicht.
Morgen komme ich wieder. Vielleicht auch erst übermorgen, aber allerspätestens nächste Woche. Versprochen.
Ich werde dir erneut Blumen bringen. Blumen, die mir gefallen und von denen ich denke, dass du sie auch mögen könntest. Sollte ich nicht mehr weiter wissen, werde ich wieder die Floristin fragen. Sie sagt, es gibt Blumen, mit denen könne man nichts falsch machen. Ich wünschte, das Leben wäre wie eine dieser Blumen.
Danke!